Im Jahr 2007 verschwand ein Schulbus mit 14 Schülern während eines Ausflugs ins Naturschutzgebiet Bear Hollow Preserve spurlos. Kein Unfall, keine Leichen, keine Hinweise. Es wurde zu einer Tragödie, die die Stadt Delpine in Vermont am liebsten vergessen wollte. Achtzehn Jahre später kehrte Clare Ren, eine der wenigen Überlebenden, in ihre Heimatstadt zurück – mit einer quälenden Erinnerung und einem Rätsel, das sich bald auflösen sollte.
Clare war seit fast sieben Jahren nicht mehr in Delpine gewesen. Der Ort sah unverändert aus: eine einzelne blinkende Straßenlaterne an der Kreuzung, Holzhäuser mit abblätternder Farbe und eine Tankstelle, die gleichzeitig als Imbiss diente. Es fühlte sich an wie eine Zeitreise, doch die Nostalgie wich schnell einem Unbehagen. Ihr Vater, Dan Ren, inzwischen älter und gebrechlicher, döste in seinem Sessel, der Fernseher lief leise im Hintergrund. Vorsichtig deckte sie ihn mit einer Decke zu und trat dann an die frische Luft.

Da fiel es ihr auf – ein Secondhandladen, der vorher nicht da gewesen war, mit einem schiefen Schild, auf dem „Zweite Chancen“ stand. Neugierig überquerte Clare die Straße. Drinnen hing Staub im trägen Licht, und eine Frau in ihren Sechzigern summte leise zu einer Kassette, die im Hintergrund lief. Während Clare stöberte, fiel ihr Blick auf etwas Glitzerndes. In der Schmuckvitrine lag ein silbernes Armband mit Anhängern, zart und vertraut. Es gehörte Janie Delcourt, ihrer besten Freundin aus der Mittelschule, die in jenem verhängnisvollen Bus gewesen war.
Clares Herz raste. Sie hob das Armband auf, ihr stockte der Atem. Janie war von dieser Reise nie zurückgekehrt, und nun lag ihr Armband, Jahrzehnte später, hier in einem Secondhandladen. „Woher kommt das?“, fragte Clare die Verkäuferin. Die Antwort war vage – eine Spende aus einem Nachlass. Clare bezahlte das Armband, während in ihren Gedanken Erinnerungen an Janie, ihr gemeinsames Lachen und den Tag, der alles veränderte, durch den Kopf gingen.

Clare saß in ihrem Auto, das Armband fest in der Hand. Es war der Beweis, dass jemand gelogen hatte. Die Vergangenheit war nicht verschwunden, sondern nur vergraben worden. Sie nahm ihr Handy und begann, Notizen über das Verschwinden zu tippen, fest entschlossen, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Am nächsten Morgen stand sie vor der alten Mittelschule, einem Gebäude, das wie ein Geist ihrer Kindheit wirkte. Vierzehn Kinder hatten diesen Ort verlassen und waren nie zurückgekehrt.
Drinnen war das Büro überraschend modern. Clare stellte sich vor und erwähnte den Namen ihres Vaters. Die Rezeptionistin wurde hellhörig und erinnerte sich gern an Dan Ren. Clare zögerte kurz und bat dann um Unterlagen aus dem Jahr 2007, insbesondere über den Schulausflug. Der Gesichtsausdruck der Rezeptionistin veränderte sich. „Wir bewahren solche Unterlagen nicht mehr auf“, sagte sie mit angespannter Stimme. Clare bestand auf Akten, und die Rezeptionistin führte sie widerwillig zu einem Aktenschrank.
Clare durchwühlte verstaubte Ordner und Jahrbücher, bis sie fand, wonach sie suchte – eine Schülerliste. Doch die Namen waren geschwärzt, mit einem Filzstift unkenntlich gemacht. Panik überkam sie. Jemand hatte sich große Mühe gegeben, die Vergangenheit auszulöschen. Sie machte ein Foto der geschwärzten Liste und ging, ihr Kopf voller Fragen.
Entschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen, recherchierte Clare stundenlang die Buslinie und das Naturschutzgebiet Bear Hollow. Sie fand heraus, dass das Gelände drei Jahre vor dem Schulausflug wegen Sanierungsarbeiten gesperrt gewesen war. Warum hatte das niemand erwähnt? Clare beschlich ein immer stärker werdendes Gefühl der Beklemmung, als ihr klar wurde, dass der Schulvorstand wichtige Informationen verschwiegen hatte.
Clare fuhr bis zum Stadtrand, wo die Route 6A begann, die kurvenreiche Straße, die zum Naturschutzgebiet führte. Das Schild zum Deer Path Trail war halb verrottet, und sie parkte ihren Wagen. Eine kühle Brise lag in der Luft. Als sie den Pfad entlangging, hatte sie das Gefühl, den Spuren ihrer verlorenen Freunde zu folgen. Der Wald war unheimlich still, und Clares Instinkt sagte ihr, dass etwas nicht stimmte.
Schließlich erreichte sie eine Lichtung mit einer moosbewachsenen Betonplatte. In den Beton war eine Zahl eingraviert: BHP27. Ihr lief ein Schauer über den Rücken. Sie kannte diese Bezeichnung bereits aus ihren Recherchen. Sie gehörte zum Bear Hollow Project, einem stillgelegten Testgelände. Plötzlich hörte sie Schritte hinter sich. Ein Mann trat mit einer Schaufel in der Hand aus dem Wald.
„Haben Sie sich verlaufen?“, fragte er mit rauer, aber nicht bedrohlicher Stimme. Clare stellte sich vor und offenbarte ihre Verbindung zum Verschwinden des Busses. Der Mann, Tom Granger, war Freiwilliger im Suchtrupp gewesen. Er schilderte erschreckende Details: Sie hatten Spuren gefunden, die vom Hauptweg abzweigten, doch am Morgen waren diese verschwunden, weggespült, als hätte es sie nie gegeben.
Tom enthüllte, dass Bear Hollow eine dunkle Vergangenheit hatte – dort waren chemische und psychologische Tests durchgeführt worden. Clares Herz raste. Es war nicht nur ein Schulausflug; es war eine Vertuschung. Sie musste mehr wissen. Als sie ging, überkam sie ein immer stärker werdendes Gefühl der Dringlichkeit. Jemand verbarg etwas, und sie war fest entschlossen, die Wahrheit ans Licht zu bringen.
Später besuchte Clare die örtliche Bibliothek, um nach archivierten Protokollen des Stadtrats zu suchen. Zu ihrem Entsetzen stellte sie fest, dass die Protokolle aus der Woche des Verschwindens fehlten. Zufall? Sie glaubte nicht. Während sie die Puzzleteile zusammensetzte, lastete die Schwere der Vergangenheit schwer auf ihr.
In jener Nacht erhielt Clare eine Nachricht von einer unbekannten Nummer: „Du stellst gefährliche Fragen. Lass es gut sein.“ Panik überkam sie. Jemand beobachtete sie. Doch Clare weigerte sich, nachzugeben. Sie erinnerte sich an Margaret Harker, eine ehemalige Kollegin ihres Vaters, eine pensionierte Lehrerin, die die Darstellung des Schulvorstands infrage gestellt hatte. Clare suchte sie auf, in der Hoffnung, Antworten zu finden.
Als Clare Margaret das VHS-Band zeigte, das sie besorgt hatte, sahen sie, wie ein Bus an einer Tankstelle hielt. Der Fahrer war kein ausgebildeter Lehrer, sondern Alan Baird, ein Aushilfslehrer, der kurz vor der Fahrt eingestellt worden war. Die Tragweite der Situation war erschreckend; Clare begriff, dass sie getäuscht worden waren. Baird hatte die Kinder vom Kurs abgebracht, und nun musste Clare herausfinden, wohin sie gefahren waren.
Mithilfe von Ray Alvarez, einem Aushilfsfahrer aus derselben Zeit, erfuhr Clare, dass Baird ein eingeschleuster Agent gewesen war, jemand, der dafür gesorgt hatte, dass die Reise schiefging. Clares Herz raste, als sie weitere Beweise aufdeckte, jedes einzelne Stück brachte sie der Wahrheit näher.
Während Clare sich auf die letzte Konfrontation vorbereitete, kehrte sie nach Bear Hollow zurück. Die Luft war zum Schneiden dick, als sie den Weg zur unterirdischen Anlage zurückverfolgte. Dort entdeckte sie den Bus, unversehrt, in einer riesigen Kammer. In die Wände waren Namen eingraviert, die Namen der verschwundenen Kinder. Janies Name war darunter, und Clare spürte, wie eine Welle der Trauer sie überkam.
Clare stockte der Atem, als ihr die Wahrheit bewusst wurde: Sie hatten Bear Hollow nie verlassen. Sie waren dort festgehalten worden, Teil eines grausamen Experiments. Gerade als sie diese schreckliche Enthüllung verarbeitete, hörte sie Schritte hinter sich. Ein Mann in Schwarz stand neben ihrem Auto und beobachtete sie. Clares Herz raste. Waren sie gekommen, um auch sie zum Schweigen zu bringen?
 
								 
								 
								 
								 
								