Ein Beben erschüttert die deutsche Parteienlandschaft. Die sorgfältig errichtete “Brandmauer”, jenes politische Dogma, das jede Zusammenarbeit mit der Alternative für Deutschland (AfD) kategorisch ausschloss, zeigt Risse. Prominente Stimmen aus den Reihen derer, die sie einst zementierten, sprechen plötzlich von einer Neubewertung. Nach Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) wagt sich nun auch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) aus der Deckung und signalisiert eine ideologische Öffnung. Doch was auf den ersten Blick wie ein später Sieg der politischen Vernunft oder eine Annäherung an den Wählerwillen aussieht, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als ein Akt purer Verzweiflung. Es ist ein Kampf nicht um Prinzipien, sondern um den Erhalt der “Futtertröge” der Vollversorgung.
Die Fassade des politischen Anstands bröckelt, und dahinter kommt die nackte Angst vor dem Machtverlust zum Vorschein. Die etablierten Parteien, die “Altparteien”, sehen sich in den östlichen Bundesländern mit Umfragewerten konfrontiert, die ihre Existenz als Regierungsparteien bedrohen. Die AfD, angeführt von Persönlichkeiten wie Ulrich Sigmund in Sachsen-Anhalt, erreicht in Prognosen bis zu 40 Prozent. Dies ist keine vorübergehende Protestwelle mehr; es ist eine tektonische Verschiebung.

In dieser Paniklage werden nun strategische Nebelkerzen gezündet. Man präsentiert sich öffentlich als gesprächsbereit, um die Wähler nicht gänzlich zu verprellen, die eine pragmatische Politik einfordern. Gleichzeitig wird hinter den Kulissen das alte Spiel weitergespielt. Das BSW ist hierfür ein Paradebeispiel. Während die BSW-Landesvorsitzende in Brandenburg, Frederike Bänder, zwar von “düsteren Gestalten” in der AfD spricht, aber die Brandmauer dennoch “nachdrücklich ablehnt”, klingt es aus anderen Landesverbänden fundamental anders. Klaus Ernst, der BSW-Landesvorsitzende in Bayern, stellt unmissverständlich klar: “Es wird keine Koalition mit der AfD geben.” In Sachsen-Anhalt geht man noch einen Schritt weiter und kündigt an, notfalls mit der CDU zu koalieren, einzig und allein mit dem Ziel, die AfD zu verhindern.
Dies ist kein Kurswechsel. Es ist ein Täuschungsmanöver, um die Bürger an der Nase herumzuführen und wertvolle Stimmen zu sichern. Das BSW agiert nicht als Alternative, sondern als “Steigbügelhalter” der Altparteien, wie es in Thüringen und Brandenburg bereits zu beobachten war. Man inszeniert sich als Opposition, um im entscheidenden Moment doch das System zu stützen, das man zu kritisieren vorgibt.
Das zentrale Narrativ, das diese Brandmauer über Jahre hinweg rechtfertigen sollte, ist das “Märchen von den Extremisten” in der AfD. Die Partei sei rechtsradikal, unterwandert und eine Gefahr für die Demokratie. Doch genau dieses Narrativ wird nun von der AfD selbst systematisch und faktenbasiert demontiert.
Wer sich die Mühe macht, die offiziellen Dokumente der AfD zu prüfen, stößt auf eine bemerkenswerte Tatsache, die in der öffentlichen Debatte systematisch verschwiegen wird: die Unvereinbarkeitsliste der Partei. Keine andere politische Kraft in Deutschland verfügt über einen derart umfassenden und strengen Beschluss, der die Mitgliedschaft von Personen aus extremistischen Organisationen kategorisch ausschließt. Diese Liste ist kein Lippenbekenntnis, sondern ein juristisch bindendes Dokument.
Auf dieser umfangreichen PDF-Datei, einsehbar auf der Webseite der Partei, finden sich Dutzende Organisationen. Explizit genannt wird beispielsweise “Die Heimat” (ehemals NPD) sowie diverse Abspaltungen und verwandte Gruppierungen. Wer jemals Mitglied in einer dieser Organisationen war, kann de jure kein Mitglied der AfD werden. Die immer wieder konstruierte “NPD-Nähe” ist somit faktisch unmöglich und eine bewusste Falschdarstellung.

Die Partei argumentiert überzeugend: Wie soll es faktisch möglich sein, dass die Partei von solchen Leuten unterwandert wird, wenn die Satzung dies explizit verbietet? Mehr noch: Die AfD verweist auf ihre eigene Parteigeschichte. In den vergangenen Jahren habe man immer wieder bewiesen, dass man Personen, die sich “falsch verhalten” oder ein schlechtes Licht auf die Partei werfen, konsequent durch Parteiausschlussverfahren entfernt. Man zeigt eine Null-Toleranz-Politik, die man bei anderen Parteien, etwa mit Blick auf die “Antifa-Affinität” in Teilen der SPD oder bei den Grünen, schmerzlich vermisst.